Im Blues gibt es oft Akkordfolgen von I zu IV und zurück, manchmal
noch mit V vor IV, also kurz zusammengefasst: I-(V)-IV-I. Zum
Trost für zu viel Musiktheorie und zu viele Akkorde: wir Harper kommen
völlig ohne diese Akkordfolgen aus, wenn wir sie durch Positionsfolgen
ersetzen! Dann wird aus der Akkordfolge I-(V)-IV-I die
Positionsfolge 2.-(3.)-1.-2., was viel einfacher aussieht.
Die Idee: Die Position wird immer so gewechselt, dass der nächste
Akkord wieder mit I bezeichnet werden kann. (Jedenfalls für Dur. Für
Moll besser mit i.)
Beispiel für einen Positionswechsel: In einem Musikstück soll auf den
Akkord I in der 2. Position der Akkord folgen, den man in der 2.
Position mit IV bezeichnet. Man wechselt in die 1. Position, damit
der nächste Akkord nicht mehr mit IV bezeichnet wird (unerwünscht),
sondern mit I (erwünscht). So wird der Akkordwechsel I-IV durch
einen Positionswechsel 2.-1. ersetzt.
Beispiele für Positionsfolgen mit mehreren Wechseln:
- 2.-(3.)-1.-2. statt
I-(V)-IV-I für Blues, siehe oben,
- 3.-(4.)-2.-3. statt
i-(v)-iv-i für Moll-Blues (einfach alle
Positionszahlen um eins erhöht),
- 12.-3.-2.-1. statt
I-vi-ii-V für »I Like the
Flowers« und viele Jazz-Standards.
Natürlich kann man die Beispiele mit einer anderen Position beginnen,
z.B.:
- 1.-(2.)-12.-1. statt 2.-(3.)-1.-2. für Blues in der 1. Position
Was ist von der 2. Position im Moll-Blues zu halten?
- 2.-(3.)-1.-2. statt
i-(v)-iv-i
Ich vermute, dass »-1.-« wegen Moll schwierig ist.
Interessant auch an »12.-3.-2.-1.« für »I Like the Flowers«: Bis auf
die 12. Position sind uns Harpern alle Positionen bestens bekannt.
Wenn wir die 12. Position lernen, gewinnen wir ein Universum an
Jazz-Standards dazu.
– Thomas H.
Der Schlüssel zum Verständnis der Positionen ist der
Quintenzirkel.
Der Quintenzirkel wiederholt sich nach 12 Noten. (Die 13. Note ist
identisch zur ersten.) So kann man von C beginnend die Noten reihum
gemäß dem Quintenzirkel von 1 bis 12 nummerieren (internationale
Notenbezeichnungen):
| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |
| C | G | D | A | E | B |
+---+-------+----+----+----+----+----+
| F#=Gb | Db | Ab | Eb | Bb | F |
| 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 |
Hier ist der Quintenzirkel in zwei Tabellenzeilen erstens für 1 … 6
und zweitens für 7 … 12 aufgeteilt, und die Tabellenzeilen sind so
eingerückt, dass Gb unter G, Db unter D, Ab unter A und Bb unter B zu
stehen kommt. Den Quintenzirkel kann man beliebig oft durchlaufen: die
Fortsetzung der zweiten Tabellenzeile ist wieder die erste
Tabellenzeile, auf F folgt C.
Für eine C-Harp wird so jede Position dem Grundton eines
Musikstücks zugeordnet, das man in dieser Position spielt.
Beispiel, aus der Tabelle oben abgeleitet: 4=A bedeutet, auf einer
C-Harp spielt man in der 4. Position ein Musikstück mit dem Grundton
A.
Für eine andere Harp als eine C-Harp nummeriert man neu reihum
gemäß dem Quintenzirkel, beginnt aber dann nicht mit 1 bei C, sondern
mit 1 bei dem Ton, mit dem die Harp bezeichnet wird.
Beispiel mit D-Harp:
| 11 | 12 | 1 | 2 | 3 | 4 |
| C | G | D | A | E | B |
+----+-------+----+----+----+----+----+
| F#=Gb | Db | Ab | Eb | Bb | F |
| 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
1=D, 2=A, 3=E, …, 12=G
… heißt …
1. Pos. = D, 2. Pos. = A, 3. Pos = E, …, 12. Pos = G.
So findet man also den Grundton des Musikstücks für eine vorgegebene
Harp und eine vorgegebene Position.
Viel öfter sucht man jedoch die passende Harp zu einer
vorgegebener Tonart des Musikstücks. Dazu nummeriert man wieder neu
reihum gemäß dem Quintenzirkel, aber rückwärts, in umgekehrter
Richtung, mit 1 beim Grundton des Musikstücks beginnend.
Beispiel mit Musikstück mit Grundton in D:
| 3 | 2 | 1 | 12 | 11 | 10 |
| C | G | D | A | E | B |
+----+-------+----+----+----+----+----+
| F#=Gb | Db | Ab | Eb | Bb | F |
| 9 | 8 | 7 | 6 | 5 | 4 |
1=D, 2=G, 3=C, …, 12=A
… heißt …
1. Pos. = D-Harp, 2. Pos. = G-Harp, 3. Pos. = C-Harp, 4. Pos. = F-Harp, …, 12. Pos. = A-Harp.
Um sich den Quintenzirkel nicht merken zu müssen, kann man Harps so
in zwölf Fächer einer geeigneten Harp-Tasche sortieren:
| C | G | D | A | E | B |
|----+----+----+----+----+---|
| F# | Db | Ab | Es | Bb | F |
Oder mit den zwei typischen Extra-Harps hohe G und tiefe F, die bei
der Nummerierung gemäß dem Quintenzirkel ausgelassen werden müssen, um
die Töne nicht doppelt zu zählen (nun mit deutschen
Notenbezeichnungen):
| C | G | G hoch | D | A | E | H |
|-----+-----+--------+----+---+---+--------|
| Fis | Des | As | Es | B | F | F tief |
Tatsächlich habe ich meine Harps so einsortiert.
Alle Töne, mit denen die gängigen Harps bezeichnet werden, finden sich
in den Tabellen oben wieder. Selten kann es vorkommen, dass man mit
einer Tonart umgehen muss, dessen Grundton in den Tabellen nicht
wörtlich genannt ist. Zum Beispiel hat cis-Moll den Grundton Cis,
international C#. Ich habe noch keine Harp gesehen, die unter dieser
Bezeichnung verkauft wird, und dieser Ton ist in den Tabellen oben
nicht direkt genannt. Cis ist ein um einen Halbton erhöhtes C und
somit identisch mit einem um einen Halbton erniedrigten D, welches Des
genannt wird, international Db. Dieser Ton ist in den Tabellen direkt
vorhanden! Über die Tabellen findet man z.B. die 4. Pos. auf der
E-Harp heraus.
Mit Fis=Ges, Cis=Des, Dis=Es bzw. international F#=Gb, C#=Db, D#=Eb
sollten endlich alle Töne zu finden sein.
– Thomas H.